Krisenmanagement in Deutschland

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Krisen passieren nicht nur „den anderen“.
Ob Hochwasser, Stromausfall oder Cyberangriff – sie treffen ganze Regionen, Unternehmen und Familien gleichzeitig. Genau deshalb braucht es Menschen, Strukturen und Pläne, die auch dann funktionieren, wenn alles andere versagt.

Deutschland hat dafür eigentlich ein gutes Fundament: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Lagezentren, Risikoanalysen und regelmäßige Übungen auf Bundesebene.
Doch in den Ländern und Kommunen zeigt sich ein anderes Bild – dort, wo Krisen tatsächlich gemanagt werden müssen, fehlen oft Personal, Ausbildung und klare Zuständigkeiten.

Während Unternehmen ihr Krisenmanagement längst professionalisiert haben (nach internationalen Standards wie ISO 22301), kämpft der öffentliche Bereich noch mit zersplitterten Zuständigkeiten, fehlender Routine und teilweise veralteten Abläufen. Die Flutkatastrophe 2021 hat das schmerzhaft sichtbar gemacht.

Nur wenige Hochschulen in Deutschland bilden bislang professionell im Krisenmanagement aus, und fast alle Programme sind privat zu finanzieren. Das bedeutet: Die Menschen, die im Ernstfall Verantwortung tragen, müssen ihr Wissen häufig selbst bezahlen.

Was jetzt zählt, ist Konsequenz: Krisenmanagement muss verbindlich, geübt und anerkannt werden – in jeder Kommune, jeder Verwaltung, jedem Unternehmen.
Denn Krisen lassen sich nicht verhindern. Aber wie gut wir vorbereitet sind, entscheidet über das, was bleibt.

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Krisenmanagement in Deutschland –
wo wir stehen, was fehlt, und was jetzt zu tun ist

Krisenmanagement ist in Deutschland längst Alltag: Hochwasser, Cyberangriffe, Lieferkettenprobleme, Energieknappheit. Auf dem Papier existieren Strukturen, in der Praxis zeigen sich aber noch Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit – besonders, wenn Bund, Länder, Kommunen, Unternehmen und Hilfsorganisationen zusammenwirken müssen. Das ist kein Vorwurf, sondern eine nüchterne Bestandsaufnahme. Und sie zeigt: Wir brauchen verbindliche Standards, routinierte Zusammenarbeit und mehr Professionalität – überall dort, wo im Ernstfall Entscheidungen getroffen werden.

Woher kommt Krisenmanagement – und wie hat es sich entwickelt?

Seine Wurzeln liegen im Zivilschutz des Kalten Krieges: Sirenen, Schutzräume, Vorratshaltung. Nach 1990 wurde vieles zurückgebaut, ehe neue Bedrohungen – Extremwetter, Terror, Pandemien, hybride Lagen – das Thema wieder nach vorne gespült haben. In Europa entstand parallel ein moderner, vernetzter Bevölkerungsschutz, während in der Wirtschaft ein eigener Strang reifte: Business Continuity Management (BCM).

BCM ist historisch aus IT-Desaster-Recovery und betrieblichen Notfallplänen der 1970er hervorgegangen und hat sich in Phasen zu einem organisationweiten Resilienz-Ansatz entwickelt. Das ist gut belegt (u. a. Herbane 2010) – und erklärt, warum Unternehmen heute oft strukturierter mit Störungen umgehen: BCM ist dort Pflichtfach, nicht Kür.

Welche Arten von Krisenmanagement gibt es – kurz erklärt

  • Operatives Krisenmanagement: akute Lagebewältigung (Stabsarbeit, Entscheidungen, Ressourcen, Kommunikation).

  • Strategisches Krisenmanagement: Vorsorge, Risikoanalyse, Szenarien, Standards, Übungen – der Rahmen, der im Einsatzfall trägt.

  • Krisenkommunikation: intern/extern, Medien & Social, klare Botschaften, Redundanzen.

  • Business Continuity Management (BCM): Sicherstellung kritischer Prozesse trotz Störung – normiert z. B. in ISO 22301. In der Praxis verknüpft BCM Vorsorge, Wiederanlauf und Verbesserungszyklen und ist damit die Brücke zwischen Risiko-, Notfall- und Linienorganisation.

Wie integriert ist Krisenmanagement im Bevölkerungsschutz?

Bund: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bündelt Lage, Methodik und Übungen. Das GMLZ ist das Fachlagezentrum von Bund und Ländern, liefert das gemeinsame Lagebild und vernetzt Akteure; die LÜKEX-Reihe testet regelmäßig die Zusammenarbeit in anspruchsvollen Szenarien. Über die Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) werden Fach- und Führungskräfte fortgebildet. Strukturell ist das solide.

Länder & Kommunen: Die operative Verantwortung liegt bei den Ländern (und damit de facto bei Kreisen/kreisfreien Städten). Hier ist das Bild heterogener: Ausstattung, Personaldecke, Übungsfrequenz und Verzahnung mit Unternehmen unterscheiden sich spürbar. Das führt zu regional unterschiedlichen Resilienzniveaus – trotz gemeinsamer Leitplanken.

Warnung: Nach 2021 gab es Fortschritte: Cell Broadcast ist seit 23.02.2023 fester Warnkanal, Warntage haben die Aufmerksamkeit erhöht. Dennoch bleiben Baustellen (z. B. flächendeckende Sirenen, Entwarnungslogik, regionale Unterschiede).

Warum wirken Unternehmen oft „weiter“?

Weil Anreize und Vorgaben eindeutig sind: Ein Ausfall kostet Marktanteile, Reputation und Geld. Standards wie ISO 22301 erzwingen systematische Vorsorge, Verantwortlichkeiten und Übungen. Im öffentlichen Bereich sind Zuständigkeiten verteilt, Ehrenamt ist tragende Säule, und verbindliche Mindeststandards/Übungsregime sind nicht überall etabliert.

Ergebnis: Wohingegen Unternehmen eingespielte BCM-Abläufe haben, müssen Kommunen im Ernstfall häufiger improvisieren.

Ausbildung: Wer lernt das eigentlich professionell?

Es gibt – noch – wenige, aber wichtige akademische Programme und viele Fortbildungen:

  • KaVoMa (Uni Bonn + BBK), weiterbildender Master seit 2006 – explizit für Fach-/Führungskräfte im Bevölkerungsschutz. (Hinweis: Gebühren fallen an.) 

  • Bildungszentrum für Gefahrenabwehr und Krisenmanagement (Hochschule Fresenius): Notfall- und Krisenmanagement (M.Sc.; privat finanziert)
  • Akkon Hochschule (Berlin): Führung in der Gefahrenabwehr & Krisenmanagement (M.Sc.), berufsintegriert, mit Stabsarbeit, Risiko-/Einsatzkommunikation, Simulation. (Privat finanziert.) 

  • FOM (B.Sc. Management in der Gefahrenabwehr): berufsbegleitend, Inhalte von Gefährdungsanalyse bis Krisenstab. 

  • DIPLOMA (B.A. Krisenmanagement im Bevölkerungsschutz): Fernstudium, Start ab WS 2025/26, veröffentlichte Kostenmodelle; privat finanziert. 

Dazu kommen Fortbildungen an der BABZ für Verwaltung, BOS und Hilfsorganisationen. Insgesamt wächst das Angebot – aber ohne flächendeckende, verpflichtende Karrierepfade in Kommunen und einheitliche Curricula bleibt Professionalisierung Stückwerk.

Was sind die größten Spannungsfelder?

  1. Fragmentierung vs. Mindeststandards: Föderalismus ist Stärke – aber ohne einheitliche Übungs- und Qualifikationsstandards bleibt die Qualität uneinheitlich. 

  2. Warnmix & Prozesse: Cell Broadcast hilft. Gleichzeitig braucht es flächendeckende Sirenen, klare Entwarnungen und geübte Entscheidungslogiken. 

  3. Personal & Zeit: Ehrenamt trägt viel, doch komplexe Lagen erfordern kontinuierliche Übung, AAR-Kultur („After Action Review“) und planbare Zeitbudgets. 

  4. Schnittstellen zur Wirtschaft: KRITIS-Betreiber und Mittelstand sind unverzichtbar – gemeinsame Übungen und Notfallpläne sind noch nicht überall Routine.

Was wir vorschlagen – konkret umsetzbar (und messbar)

  • Verbindliche Mindestübungen: Jede Kommune führt mindestens 2 Stabsrahmenübungen/Jahr durch – inklusive Krisenkommunikation und Übergang von Warnung zu Entwarnung. Ergebnisse fließen in AARs mit Maßnahmenverfolgung. (Anbindung an LÜKEX-Logik/Lagezentren.) 

  • Standard-SOPs & Triggerwerte: Einheitliche, praxistaugliche SOPs für häufige Lagen (Hochwasser, IT-Ausfall, Blackout) – anschlussfähig an das GMLZ-Lagebild und den lokalen Stab. 

  • Qualifizierungspfad: Pro Verwaltungseinheit mindestens eine BCM/Krisenmanagement-qualifizierte Person (z. B. KaVoMa/Krisen- und Notfallmanagement M.Sc.), ergänzt um BABZ-Fortbildungen. Kommunale Stipendien sichern die Finanzierung.

  • Warnkompetenz in der Bevölkerung: Warntag-Begleitaktionen mit „30-Minuten-Sicherheitscheck“ (Kontaktketten, Taschenlampe, Radio/DAB+, Wasser, Medikamente). Cell Broadcast erklären, Entwarnungen trainieren.

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Quellen / Nachweise / Literatur

  1. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK):
    „Risikomanagement im Bevölkerungsschutz – Leitfaden für Bund und Länder“, Bonn 2022.
    bbk.bund.de

  2. BBK / Universität Bonn:
    Masterstudiengang Katastrophenvorsorge und Katastrophenmanagement (KaVoMa), offizielles Curriculum, 2023.
    uni-bonn.de

  3. Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI):
    Konzeption Zivile Verteidigung (KZV), Berlin 2016.
    bmi.bund.de

  4. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK):
    LÜKEX – Länderübergreifende Krisenmanagement-Übung (Projektbeschreibung, Methodik, Evaluation), Bonn 2023.
    bbk.bund.de/luekex

  5. Europäische Kommission:
    EU Civil Protection Mechanism – Ten Years Report, Brüssel 2021.
    ec.europa.eu/echo

  6. Herbane, B. (2010): The Evolution of Business Continuity Management: A Historical Review of Practices and Drivers.
    In: Business History, 52(6), 978–1002.
    → DOI: 10.1080/00076791.2010.511185

  7. Wenzel, M., Koch, J., & Reckwitz, A. (2021): Resilience and vulnerability in times of crisis: A framework for organizational response.
    Organization Studies, 42(7), 1025–1047.

  8. Dückers, M. L. A., & Thormar, S. B. (2015): Post-disaster psychosocial support and resilience: The integration of evidence and experience.
    European Journal of Psychotraumatology, 6(1).

  9. Deutscher Bundestag (2022): Untersuchungsausschuss Ahrtal – Abschlussbericht (Drucksache 20/2220).

  10. SWR / tagesschau.de (2021–2022): Flutkatastrophe 2021 – Versagen der Warnsysteme.
    tagesschau.de

  11. Le Monde (2024): Sweden rebuilds its “Total Defence” model in which every inhabitant must be prepared.
    lemonde.fr

  12. ISO (International Organization for Standardization): ISO 22301:2019 – Security and resilience – Business continuity management systems – Requirements.

  13. DIN-Normenausschuss Sicherheitstechnik (2020):
    DIN ISO 22316: Organisations resilience – Principles and attributes.

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